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Weizsäckers Zeigefinger
Kürzlich dachten wir an Richard von Weizsäcker, und zwar nicht wegen der Präsidentenwahl, sondern wegen seines geflügelten Wortes, dass, wer mit dem Finger auf andere zeige, nie vergessen dürfe, dass vier Finger dieser Hand auf ihn selbst zurückverweisen. Nun sind wir die Letzten, Präsidentenworte leichtfertig in Zweifel zu ziehen! Aber Selbstversuche zeigen, dass das selbst bei bizarrer Verrenkung der Hand… kurz: Weizsäckers Gleichnis ist anatomisch nicht sein korrektestes. Absolut inkorrekt dagegen ist, was laut Süddeutscher Zeitung bisher in einem Pekinger Restaurant serviert wurde: Tigerknochen-Wein, Reh-Föten, Nilpferd-Haxen und Hirsch-Penisse sorgten für Skandal. Schon hatten auch wir den Zeigefinger gezückt, um mit dessen ganzer moralischen Wucht gen China dreinzufahren, da – fiel uns das Zitat ein! Und dass wir hierzulande zwar keinen Hirsch-Penis servieren, dafür aber ganze Schweine erst durch einen Wolf und dann in deren eigenen Kotkanäle treiben. Unschwer ahnt der geübte Leser den moralischen Zwiespalt, ob nun drei oder vier Finger auf uns zurückweisen, wenn wir unsere Zeigefinger in die Wunde von Chinas Küche stecken. Doch dann beendete ein Geistesblitz das Dilemma: Bei Themen wie Wurst und Nilpferd-Haxe verbietet es sich nämlich aus Respekt vor der Würde des Amtes ohnehin, Bundespräsidenten zu zitieren, solange es ein Zitat eines Höheren Verwaltungsbeamten (früher: Geheimrat) auch tut! Uff – und so können wir an dieser Stelle, wenn schon nicht mit von Weizsäcker, so zumindest mit von Goethe enden: „Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!“