Ein Vorschlag zur Güte

Talkshows sind für die Eingeladenen stets eine ersehnte Gelegenheit, ihre eigene Meinung aus ihrem eigenen Mund zu hören. Wenn wir aus den aktuellen Runden zum Thema Hoeneß und Steuerhinterziehung irgendwelche Schlüsse ziehen sollten, dann am ehesten folgende: dass erstens der Sport die Religion mittlerweile darin abgelöst hat, einen großartigen Impuls im Menschen zu missbrauchen; zweitens, dass deren nicht Wenige sind, die für Steuerfreiheit auf Gedankenfreiheit verzichten würden. Zu Letzterem sagen wir offen, nachdem wir bei Jauch am Montagabend manch verschwommenem Gedanken lauschen dürften: Viel verloren wäre da nicht! Wenn wir etwa Gottschalks etwas wuschelige Argumentationsrichtung zutreffend deuten (zu seinen Gunsten: ob er sie selbst verstanden hat?), dann ist Steuerbetrug a la Hoeneß so schlimm nicht, weil dieser zuvor mittels Spenden und Engagement soziale Großherzigkeit bewiesen hat. Eine, sagen wir, ungestüme Logik: dann dürfen auch Bankräuber auf mildere Strafen hoffen, sofern sie vorm Sturm aufs Kreditinstitut einem Ortsfremden den Weg zum Bahnhof erklärt und ein wackeliges Mütterchen über den Zebrastreifen geführt haben. Aber da es an diesem Winkel der Zeitung seit langem Tradition ist, Gedankengänge von solcher Brillanz zu formulieren, dass wir sie selber nicht mehr verstehen, machen wir folgenden Vorschlag: Eine schöne Geschäftsidee wäre es, sämtliche Steueroptimierer im Sport als Panini-Bildchen samt Einklebealbum („Tausche drei Beckenbauer gegen einen Schuhmacher“) aufzulegen. Der Erlös geht direkt in den Ankauf neuer Steuer-CDs.

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